Kinderbücher werden lebendig: Die Internetplattform “Onilo” bringt in der zweiten Coronawelle, in der auch die Büchereien geschlossen haben, nicht nur die Bücher nach Hause zu den Kindern, sondern fördert auch die Lesekompetenz. Dafür hat “Onilo” Kinderbücher digitalisiert und zum Teil animiert.
Wenn sich die Figuren auf Fotos oder Bildern bewegen, kennt man das sonst nur aus Fantasy-Filmen wie Harry Potter. Albert Hoffmann hat “Onilo” vor zehn Jahren in Passau kreiert und dabei die Idee gehabt, mit einigen wenigen Bildanimationen in Kinderbüchern, Lesen viel intensiver und spannender zu gestalten. Bekannte Geschichte werden dabei für ein neues Medium aufbereitet. Heute hat Hoffmann Anteile an dem Programm und ist in beratender Funktion noch mit von der “Onilo”-Partie. Das Programm wird federführend von StoryDocks im Hamburg betrieben.
Ursprünglich sollte es nur in Schulen zum Einsatz kommen. Das Projekt war für die Leseförderung gemacht. “Man muss sich das so vorstellen, dass Lehrer das veränderte Bilderbuch groß mit einem Beamer beispielsweise an die Wand werfen und die Schulkinder im Halbkreis um die Bildfläche versammelt sitzen und das dann gemeinsam lesen und erleben”, erklärt Hoffmann sein Projekt. Da könne dann auch kein kleiner Umtreiber auf der falschen Seite sein, oder etwas mit Bleistift auf die Seite schmieren.
Einen Film aber wollte Hoffmann bewusst nicht daraus machen, denn das Lesen solle im Vordergrund stehen. Die bewegten Bilder, die in den ursprünglichen Kindergeschichten starr sind, faszinieren Kinder und fördern so die Leselust.
Das Programm bietet unterschiedliche Versionen: Man kann die Texte auch vom Computer vorlesen lassen, dann blättert es automatisch weiter. Den Schwerpunkt will Hoffmann aber anders legen: “Es geht darum, ein Buch gemeinsam zu erleben!” Deshalb soll nicht ein Kind alleine vor dem Computer sitzen, sondern die Geschichten sollen zusammen mit Eltern oder Lehrern gelesen und erlebt werden.
“Das ist ein Programm, bei dem Emotionen eine große Rolle spielen dürfen”, beschreibt der Gründer seine Plattform. Außerdem gibt es auch didaktisch und pädagogisch wertvolle Anpassungsmöglichkeiten, wie die Seiten eines Buches auch mal ohne Text anzeigen zu lassen. Das helfe dann bei der Sprecherziehung. “Wenn die Lehrkraft das Bilderbuch mit den Kindern liest und dann am nächsten Tag die Geschichte wieder herzeigt, aber ohne Text, können die Kinder erzählen, was sie gestern gelesen haben und üben so das Sprechen.”
Durch Einsetzen der zweiten Coronawelle mussten die Büchereien wieder schließen und es können keine Bücher mehr ausgeliehen werden. Deshalb verkauft Onilo nun auch Zugänge für Privatpersonen und verschickt in Zusammenarbeit mit der Pfarrbücherei Hacklberg sowie der Grundschule Hacklberg einmal pro Woche digital ein Buch.
Und auf genau dieses Buch warten die Kinder von Andrea Rösch jede Woche schon sehnsüchtig. Die Familie kam durch die älteste Tochter mit dem Programm in Kontakt. “Mittlerweile ist sie zehn Jahre alt, aber als sie vier war, hat sie bei den Onilo-Lesestunden mitgemacht”, erzählt Andrea Rösch. Seitdem ist die Familie dem Leseprogramm treu geblieben. “Jetzt gerade lernt mein 6-Jähriger damit das Lesen.” Auch die ältere Tochter sitze immer noch dabei. “Zur Entspannung”, sagt Rösch lachend.
Für sie gleicht Onilo einem vereinfachten Hörspiel, nur dass die Kinder die Sätze sehen und mitlesen können. Manchmal verschaffe das Programm mit der Vorlesefunktion auch ein paar Minuten Ruhe, denn die Kinder lauschen dann gebannt der Geschichte und man könne sich anfallenden Pflichten widmen. Auch Michaela Geyer liest die animierten Geschichten mit ihren Kindern. “Es ist tatsächlich so, dass sich die Jungs schon immer auf die Geschichten freuen”, erzählt die dreifache Mutter und fügt an: “Auch toll ist, dass jetzt passend zur Weihnachtszeit die Geschichte ,Elias und das Christkind‘ verschickt wurde.” Dabei ist Maxi der älteste Sohn, er ist gerade eingeschult und lernt das Lesen. Deswegen geht die Familie die Geschichten oft zweimal durch, einmal drückt Michaela Geyer auch öfter die Pausetaste und Maxi kann das Lesen üben. Das nächste Mal wird der Durchlauf dann schneller. Maxis zwei kleinere Brüder sind noch nicht eingeschult, aber trotzdem begeistert mit dabei. Durch die Animationen stelle das Programm eine Mischung aus Fernseher und Buch dar. “Ich denke das ist eine gute Verbindung für die Kinder.”
Lily Paßberger
Dieser Artikel erschien in der PNP vom 24.12.2020: