Die positiven Wirkungen des Gehens auf das Wohlbefinden – nicht jeder kennt sie. Will aber, 16 Jahre alt und mit einer extremen Lebenssituation beladen, spürt dessen Heilkraft intuitiv. Sein tägliches Gehen hilft ihm, nicht verrückt zu werden.
Wills Vater beging Suizid, Playa, seine Freundin, wurde vergewaltigt. Bleibt da noch die Kraft oder Lust zu atmen? Will taumelt, aber er fällt nicht. Er, der Glückliche, findet nach einer Phase der Abschottung in seiner Ich-Kapsel, Strukturen zum Überleben. Das Gehen zum Beispiel. Hier ist man wohlig geerdet und kann seine Wut und seine Enttäuschung in den Boden stampfen. Pilger nach Santiago de Compostela kennen diese Methode.
Zunächst sind für ihn nur die positiv besetzten Wege begehbar. Die Straßen, die mit negativer Erinnerung besetzt sind, meidet er. Will, der freundliche, beliebte Junge, versucht es auch mit dem Transferieren positiver Gefühle an andere. Das hat den Vorteil, dass etwas an Lebenselixier zurückschwappt. Einsamkeit ist in jedem Menschen angelegt, aber auch der Wunsch nach Nähe zu anderen Menschen. Letzteres beinhaltet einen Gesundungseffekt.
Die Spuren zurück ins farbige Leben hat sich Will gelegt, das konkrete Ansteuern seiner Probleme, vor allem das Auflösen von inneren Blockaden, fehlt noch. Das aber geht nur über Playa. Es kostet ihm Überwindung, doch dieser Weg ist der richtige.
Für Alison McGhee, der Autorin, verlangt eine solch hochemotionale Geschichte eines jungen Menschen nach einer schriftlichen Gestaltung der besonderen Art. Aus ihrer Beschäftigung mit Gedichten kommt für sie nur eine Form infrage: eine Art Dichtung, poetisch und knapp, die Emotionalität am stärksten auszudrücken vermag. Ellenlange Texte wirken ermüdend, kleine, kurze Episoden jedoch sprühen vor Kraft, auch wenn sie nur aus Gedanken bestehen. Unterbrochen von ebensovielen Kalligraphien fügt sich das Mix zu einem originellen, filigranen, ruhigen Gemälde eines Teenager-Lebens, über dem Hoffnung schwebt. Poesie verlangt ein gewisses Maß an Mitdenken, Kombinieren und Kreativität. Dafür wird man mit Freude belohnt, die swingt und berührt.
Lesealter: 14 Jahre und älter
Daumen: 5