Das hätte nicht passieren dürfen: ein Tropfen Eiscreme auf einen Hund! Genauer gesagt, ein Tropfen Eis von den Blauen hat einen Hund der Roten. Ob versehentlich oder nicht, das spielt hier keine Rolle, hier geht es um den Tatbestand einer Belästigung, ja Beleidigung der Roten generell, die nicht ohne Folgen bleiben kann. Das sehen alle Roten so, das verstehen aber auch die Blauen gut. In Windeseile tauchen die ersten Fahnen auf, Schals werden zu Peitschen, Trommelwirbel, auffordernde Trompetenstöße, Schimpftiraden, die ganze Maschinerie der Aufrüstung kommt in Schwung. Rüstungen werden hervorgeholt, je martialischer, bombastischer und monströser, umso besser. Von Feldherren auf dem Hügel gelenkt steuern die Eisenwesen – als Menschen sind sie kaum mehr erkennbar – aufeinander zu. Dann fliegen sie, die dornengespickten Hüte und die kleinen, silbernen Knöpfe. Als das nicht ausreicht, besinnt man sich der Teile der eigenen Rüstung, auch sie eignen sich als Wurfgeschoße. Kurz darauf ist der Kampfplatz zugemüllt in Blau und Rot. Barfuß und in Unterhosen stehen sie nun herum, als Menschen wieder erkennbar, jedoch rat- und orientierungslos zunächst.
Als aber einer „Ich habe Hunger“ ruft, wendet sich das Geschehen zum Guten. Vereint wandern Blau und Rot dem Feuer- und Bratwurstgeruch nach, dem Frieden entgegen.
Ähnlich einer Parabel lehrt diese letztlich heitere Geschichte Entstehung und Auflösung von kriegerischen Akten. Das Ungemach, das erhitzte, kopfgesteuerte Gemüter in die Welt gesetzt haben, wird durch den Bauch, der hier für die elementaren menschlichen Bedürfnisse steht, wieder nivelliert.
Ein so komplexes Thema auf einfache, überzeugende Bilder und Worte herunter zu brechen ist eine Kunst. Bilderbücher, die solcherlei Aufklärungsarbeit in beschwingter Form leisten, darf man als Schätze betrachten.