Tier-Wandler mit sehr menschlichen Wesenszügen

Seawalkers (Bd. 3): Wilde Wellen
von Katja Brandis 
Arena-Verlag
ISBN: 9783401605272

Katja Brandis hat mit ihren Tierfantasy-Romanen “Woodwalkers” und “Seawalkers” den Nerv der 12 bis 18-Jährigen getroffen. Waren noch vor einigen Jahren die reinen Tier-Romanen wie “Warrior Cats” oder “Survival Dogs” kräftig nachgefragt, so blüht heute das Subgenre der Tier-Mensch-Wandler. Losgelöst von den Themen und Settings der früheren Fantasy-Literatur, die vor allem ihre Wurzeln in der Mythologie und der Sagenwelt hatte, zeigen sich die Wandler-Geschichten näher am Puls der heutigen Zeit. Die Handlungen spielen sich an realen Orten ab, das Geschehen findet in einer fiktiven Welt statt, die sich deutlich von der realen unterscheidet. Die magischen Elemente oder Zauberkräfte sind insofern ein wichtiger Bestandteil. 

Einer der Seawalkers-Protagonisten in “Wilde Wellen” ist Tiago. Er wuchs als ganz gewöhnlicher Junge bei seinem Onkel Johnny in Florida auf. Erst später wurde ihm bewusst, dass er ein Seawalker ist, eine Person also, die – ein bisschen Übung vorausgesetzt – von der menschlichen in eine Tiergestalt und zurück wechseln kann. Die Tiergestalt ist den Seawalkern angeboren. Tiago, ein Tigerhai, ist peinlich darauf bedacht, sich den normalen Menschen nicht als solcher zu zeigen. 

Wohl die beste Idee, dass sein Vater ihn auf die Blue Reef High schickte, einer Spezialschule für alle Formen von Wandler-Gestalten. Hier fühlt er sich wohl, hat nette Freunde und spürt auch die aufkeimende Liebe zu Shari, einer Delfin-Wandlerin. 

Das Subgenre der Tier-Mensch-Wandler-Literatur belässt es aber nicht nur bei dem einfachen Leben als Wandler, sie greift auf erprobte Motive der Abenteuerliteratur zurück sowie auf brachiale Kämpfe, auf Machterweiterung, auf den existentiellen Fight zwischen Gut und Böse. Die Mensch-Tier-Wesen können zwar auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten beider Wesen zurückgreifen, doch ihre Kämpfe richten sich in der Regel gegen ihresgleichen. 

Tiago und seine Freunde (dazu zählen auch die Lehrer der Blue Reef High)  müssen sich in “Wilde Wellen” gegen eine Reihe von Gegnern behaupten. Da sind die plötzlich aufgetauchten Reptilien-Wandler aus den Everglades von Florida, die letztlich eine geistige Neuausrichtung  der Schule, vielleicht sogar deren Untergang beabsichtigen. Das will auch die größte Sponsorin der Schule, die zwielichtige Anwältin Lydia Lennox, eine Python-Wandlerin, der mafiöse Methoden sehr wohl vertraut sind. Sie würde gerne die Leitung der Schule in ihrer Hand sehen, da ist ihr jede Intrige willkommen. Zu alledem bedroht auch noch ein Hurrikan, der just über die Schule wegzieht, die Lebensgemeinschaft dieser illustren Gesellschaft. 

Eine Aufgabe, der Tiago selbst mit der Unterstützung seiner Freunde kaum gewachsen ist. Doch Katja Brandis geht fürsorglich mit ihren wichtigen Protagonisten um, schließlich will sie nicht, dass die auf sechs Bände angelegte Seawalkers-Reihe schon bei Band 3 zusammenkracht. Es kommt einem genialen Schachzug gleich, dass sie in höchst bedrohlicher Lage den Puma-Wandler Carag mit Freunden aus ihrer bereits abgeschlossenen Reihe “Woodwalkers” (Landtier-Mensch-Wandler) zu Hilfe schickt. 

Die Fans der Autorin danken es ihr, wie man es der Hompage von Katja Brandis entnehmen kann. Überhaupt scheint die große Zahl ihrer Fans mit ihr, mit ihren Geschichten durch dick und dünn zu gehen. Sie leiden und hoffen mit ihren Stars. Wohl am meisten interessiert sie die persönliche Beziehung zwischen Tiago und Shari. Sie flehen die Autorin geradezu an, die aufkeimende Liebe fortzuführen.

Katja Brandis beherrscht nicht nur die Kunst, spannende Tier-Fantasie-Romane mit Niveau zu schreiben, sie versteht es auch, ihre wachsende Fangemeinde bei Laune zu halten. Weitere Romanideen sind im Gespräch, die Erwartungen an sie dürften nicht geringer werden. Es lohnt sich, diese Autorin weiterhin ins Blickfeld zu nehmen.